Es ist ein faszinierendes Phänomen: Die ersten Takte eines Songs erklingen und plötzlich stehen einer Person die Tränen in den Augen. Teilweise beginnt sie auch hemmungslos zu schluchzen und die Umstehenden fragen sich unbehaglich, was die Person so sehr aus der Fassung gebracht hat.
Musik als Trigger
Das Interessante dabei ist, dass ein Lied, das bei uns eine emotionale Reaktion auslöst, nicht selbst emotional sein muss. Manche Melodien rühren uns, manche Texte sind so ergreifend, dass wir uns verstohlen die Augen wischen und hoffen, dass es niemand gesehen hat. Aber wenn bereits die ersten Takte oder Zeilen eines Songs eine emotionale Achterbahnfahrt auslösen, dann hängt dies in der Regel damit zusammen, dass das Lied mit einer Erinnerung oder einer Person verbunden ist.
Trauer und Glück
Menschen, die kürzlich ihren Partner verloren haben und dann plötzlich das Lied hören, bei dem sie bei der Hochzeit zum ersten Mal gemeinsam getanzt haben, werden sich nur in den seltensten Fällen beherrschen können. Die Reaktion ist auch deshalb so heftig, weil man nicht darauf vorbereitet ist, an diesen Moment erinnert zu werden. Nach dem Tod eines geliebten Menschen scheint jeder Stein und jeder Grashalm eine Erinnerung zu bergen. Ein Lied, das einen an einen gemeinsamen Moment oder ein besonderes Erlebnis erinnert, stimmt uns häufig traurig. Manchmal sind aber genau solche Momente Lichtblicke, weil man sich daran erinnert, wie glücklich man war und nicht so sehr daran, was man verloren hat.
Aber es gibt auch die anderen Momente. Die Momente, die uns die Tränen der Freude in die Augen treiben. Wenn wir zu dem Zeitpunkt ein bestimmtes Lied gehört haben, selbst wenn es nur im Hintergrund lief und wir es nicht einmal bewusst wahrgenommen haben, werden wir von da an diesen Song mit genau dieser Situation verbinden. Beispielsweise das Lied, das im Restaurant lief, als der Freund den Heiratsantrag gemacht hat. Der Song, der aus der Büroküche tönte, als der Chef einem eröffnete, dass man befördert wird. Die Melodie, die durch das Fenster ins Behandlungszimmer drang, als die Frauenärztin lächelnd verkündete, dass man schwanger sei.
Es ist eine pathetische Formulierung, aber immer wieder kann man beobachten, dass uns Musik direkt ins Herz trifft. Musik ist emotional und selbst Menschen, die sich selbst als rational betrachten und selten Gefühle zeigen, sind nicht davor gefeit. Selbst ein Mensch, der als eiskalt gilt, kann von den Gefühlen, die ein Song in ihm auslöst überrascht und überrollt werden.